Heike Brunner
Take Six 👍👍🏻👍🏼👍🏽👍🏾👍🏿
Mit Take Six, in der Darstellung der verschiedenen Hauttöne, möchte ich etwas zum Thema Alltagsrassismus im Black History Month (1.2.-1.3.) beitragen. Den Black History Month […]
Mit Take Six, in der Darstellung der verschiedenen Hauttöne, möchte ich etwas zum Thema Alltagsrassismus im Black History Month (1.2.-1.3.) beitragen. Den Black History Month gibt es seit 1915 in den USA, um auf die Geschichte der Afroamerikaner*innen und ihren Anteil an Gesellschaft und Historie sichtbar zu machen. Seit 2014 gibt es dazu auch Veranstaltungen in Deutschland.
Die Verwendung, b.z.w. die Nichtverwendung unterschiedlicher Hauttöne in Alltagsabbildungen sind ein Teil der Sichtbarmachung oder auch des alltagsrassistischen Unsichtbarmachens von Schwarzen und PoC. Auf den Social Media Kanälen können seit 2015 sechs verschiedene Hauttöne gewählt werden. Damals war nicht ganz klar, ob es sich nur um einen PR-Trick handelte, aber zunächst ist dieses Angebot positiv aufgenommen worden. Die Sichtbarmachung von Schwarzen und PoCs im Alltag ist eines der wichtigen Ziele um Respekt abzubilden, statt konsequent Realitäten in postkolonialistischer Manier nicht abzubilden, nicht anerkennen zu wollen.
All White?
Aktuelles Beispiel: ein Instagram Beitrag des RBB zu den Warteschlangen vor den Berliner Impfzentren vom Januar 2022. Welche Icons wurden genutzt? Männlein und Weiblein, weiß. Welche Menschen standen in der Schlange? Berliner Multi-Kulti-Mix. Auf die kritische Frage im Chat, warum ausschließlich weiße Icons gewählt wurden dargestellt wurden: no comment. Ein sensiblerer Umgang mit den Icons und Realitäten real wiederzugeben, dazu braucht es Bewusstsein. An dieser Stelle sei das Arbeitsbuch von Tupoka Ogette Exit Racism – Rassismus kritisch denken lernen genannt. Aus diesem Buch stammt die Wortschöpfung “Happyland”, von einem weißen, sich selbst für aufgeklärt und antirassistisch haltenden Herrn. Nach einem ihrer Workshops bedankte sich dieser für die nun neu entdeckte kritische Selbstwahrnehmung seines zuvor befindlichen Daseins im “Happyland”. Struktureller Rassismus ist viel feiner und gemeiner, die Brille ab- oder vielmehr aufzusetzen und dies unter die Lupe zu nehmen schon lange an der Zeit.
Exit Racism ist eine absolut empfehlenswerte Aufklärungslektüre (für weiße Menschen) ohne den mahnenden Fingerzeig, aber einmal heraus aus “Happyland” gibt es kein Zurück, ohne sich selbst nicht mehr im Spiegel anschauen zu können. Das Buch ist zudem gespickt mit weiterführenden Recherchelinks und verweist auf viele interessante Dokumentationen.
Wie wir heute die Hautton-Auswahl verwenden, zeigt somit auch unseren Wahrnehmungsstand in Sachen “Happyland” deutlich an. Tupoka Ogette wird zum 8.März 2022 ihr neues Buch Und jetzt Du veröffentlichen und ist auf Instagram sehr aktiv mit ihren Follower*innen in Sachen Alltagsrassismus erkennen.
Mit den neuen Darstellungsmöglichkeit ergeben sich jedoch auch immer mal wieder Fehleinschätzungen in der Nutzbarkeit: Digital Blackfacing ist ein inzwischen stehender Begriff, aus dieser Fehlnutzung heraus. Blackfacing ist die Unsitte weißer Menschen, sich mittels Schminke als schwarz auszugeben. Es geht aber vor allem dabei um die uneingeschränkte kulturelle Aneignung. Da zählen auch Dreadlocks und andere Accessoires dazu, die in kolonialistischer Manier frei zur Verwendung und Verfügung zu stehen scheinen. Mit Digital Blackfacing wird die persönliche Verwendung schwarzer Hautfarbe anstelle der eigenen benannt. Ein Akt der Solidarität wir darin nicht gelesen.
Es ist also längst an der Zeit, die schließlich real existente kulturelle Vielfalt mittels der verschiedenen Icons gezielt öffentlich abzubilden, die persönliche Verwendung eines anderen Hauttons, um sich eine andere Identität zu schaffen oder sich auf diesem Wege solidarisch zu zeigen, hingegen fehl am Platze. In diesem Sinne möchte ich auf Mithu Sanyals Roman Identitti verweisen, der vorzüglich die Fragen der Zeit in Bezug auf Identität behandelt und aus sicherlich sehr vielen Perspektiven heraus zum Nachdenken anregen kann. Und ich fordere bei der nächsten Multikulti-Schlange eben auch MultiKulti-Icons in den Berichten dazu sehen zu dürfen und lege meine fehlgeleitete Annahme einer vermeintlichen Solidaritätsbekundung mittels Digital Blackfacing ab: No more Happyland-Bewohner*in, Step by Step!