Ganzheitliche Kinderwunschbehandlung – Speicheltestung und Hormonbalance

Niemand kann Kinder „machen“. In Deutschland lebt aktuell jedes sechste verheiratete Paar mit einem nicht erfüllten Kinderwunsch.

Unter den Frauen und Paaren mit Kinderwunsch gibt es kaum persönliche Kontakte. Der konkrete Austausch über die persönliche Betroffenheit, die erlebte Hilflosigkeit im Auf und Ab, das Leid im Hoffen und Bangen bei unerfülltem Kinderwunsch läuft aus Scham hauptsächlich anonym in den Foren des Internets.

Lebenskrise Kinderwunsch

Auch wenn die moderne Reproduktionsmedizin heute so viel weiß und kann, sind es dennoch pro Versuch höchstens 20 von 100 Paaren, die ein Kind in ihren Armen halten werden.2 Für das persönliche Erleben der Frauen und Paare zählt aber jeder einzelne, auch jeder begonnene Versuch. Für viele Paare ist es eine heftige Erschütterung, wenn sie feststellen, dass sie nur eingeschränkt fruchtbar oder unfruchtbar sind. In der Studie von Freeman et al. gaben 48% der Frauen und 15% der Männer an, die Infertilität als schlimmste Krise in ihrem Leben empfunden zu haben.3 Sprachlosigkeit und Schuldgefühle, Verzweiflung und gegenseitige Vorwürfe, Traurigkeit und Depression erschweren den Kontakt der Partner und den Umgang mit dieser Problematik in der Beziehung. Da hört man gerne von 40 bis 50 % Behandlungserfolgen in der Reproduktionsmedizin. Für Kinderwunschpaare ist die Darstellung von Erfolgsraten in der Reproduktionsmedizin kaum durchschaubar. Bei den Erfolgszahlen ist von der so genannten „kumulativen Rate“ die Rede.2 Das bedeutet, dass erst bei vier erfolgreich durchgeführten Behandlungszyklen die Chance schwanger zu sein bei 40 bis 50% liegt.

Als Behandlerin und Beraterin braucht es fundiertes Wissen, um die komplexen Abläufe einer reproduktionsmedizinischen Behandlung. Sie sind ein wichtiger Verständnishintergrund, um Kinderwunschpaare in den Entscheidungsprozessen vor einer künstlichen Befruchtung zu beraten oder wenn sie nach erfolglosen Versuchen in die Praxis kommen. Ich biete Paaren Alternativen oder Ergänzung zur klassischen Schulmedizin. Eine ganzheitliche Behandlung geht individuell auf die Frau, den Mann und ihre Paarprozesse ein. Sie stellt sanfte Medizin ohne unerwünschte Nebenwirkungen vor oder leistet Beratung und Begleitung bei reproduktionsmedizinischen Behandlungen.

Wenn sich Frauen und Paare gut informieren können, auch über die alternativ-medizinischen Behandlungswege bei Kinderwunsch, dann können sie ihren persönlichen Weg in der Krise finden. In dieser Weise unterstützt müssen sie nicht nach all dem greifen, was machbar ist und ihnen als nächster und wieder nächster Schritt angeboten wird, ohne die eigenen Grenzen von Körper und Gemüt zu beachten. Denn es gibt eine andere Antwort auf die Befürchtung und gegen das nagende Gefühl, nicht alles versucht zu haben: innerhalb der persönlichen Grenze des Machbaren zur angemessenen Behandlung für sich selbst zu finden.

„Alle Lebensbereiche, die das Wunschkind durch seine Ankunft verändern wird, haben ihrerseits Einfluss auf die Fruchtbarkeit des Paares.“1 Diese Erkenntnis liegt meinem ganzheitlichen Konzept zugrunde und hat sich in den bisher 18 Jahren meiner Arbeit zur ungewollten Kinderlosigkeit immer wieder bestätigt. Sie behält ihre Richtigkeit, ob die Paare Ende zwanzig sind oder Ende dreißig, ob es sich um das erste oder das zweite Wunschkind dreht, ob es „mehr an ihm liegt“ oder „an ihr“, ob es ein Frauenpaar mit Kinderwunsch ist oder Mann und Frau mit verschiedenen Nationalitäten. Wenn ein Paar sich entscheidet, Eltern werden zu wollen, brauchen sie eine eigene, auf diesen Lebensabschnitt abgestimmte Vorbereitung auf Schwangerschaft, Geburt und Elternsein. Jahrelang stand die „berufliche Fruchtbarkeit“ im Mittelpunkt des Lebens. Der Wunsch, eine Familie zu gründen und Leben weiter zu geben, ist eine ganz andere Form von Fruchtbarkeit. Körper, Geist und Seele brauchen Zeit und Aufmerksamkeit für diese Lebensumstellung, die in folgenden Lebensbereichen vollzogen wird:
– aktuelle PartnerInnenschaft und frühere Beziehungen
– Kinder oder Patchwork-Kinder
– eigene Herkunftsfamilie bzw. „Schwiegerfamilie“
– FreundInnenkreis und soziales Leben
– Beruf, Erfolg und Karriere
– finanzielle Absicherung
– Körper und körperliche Gesundheit
– Bewusstsein und geistig-spirituelles Leben
Diese Lebensbereiche verändern sich sofort und umwälzend mit der Ankunft des Wunschkindes. Dann ist nichts mehr, wie es vorher war. Schon in dem Moment, in dem die Tochter der Mutter von der Schwangerschaft erzählt, fühlt sich die Mutter der werdenden Mutter als werdende Oma. Das ganze Familiensystem ändert sich und kommt in Bewegung.

Die natürliche und beste körperliche Zeitspanne für das Kinderkriegen entspricht heute nicht mehr dem Lebens- und Erwerbsalltag der Frauen. Männer sind mit 35 Jahren nicht mehr so fruchtbar wie mit 25. Bei den Frauen ist die höchste Fruchtbarkeit zwischen 20 und 25 Jahren.2 Wenige Paare kommen in meine Praxis mit Ende Zwanzig, die meisten sind Mitte bis Ende 30. Dann geht für viele Monat für Monat das Gespenst der biologischen Uhr um. Die beste Zeit der Fruchtbarkeit ist überschritten, aber das bedeutet trotzdem nicht zwangsläufig eine reproduktionsmedizinische Behandlung.

Für eine Generation, die mit den Möglichkeiten hochtechnisierter Medizin groß geworden ist, die daran gewöhnt ist, per Mausklick „Welten“ und „Levels“ zu verändern, deren Denken und Handeln so geprägt wurde, scheint eine ganzheitliche Handlungsweise wie aus der Wahrnehmung gefallen. Und obendrein erscheint sie sogar vergleichsweise banal zu sein und ist dennoch kein einfacher Weg. Familienplanung braucht Schwangerschaftsvorbereitung. Es ist vernünftig, das mit spätestens Ende 20 zu bedenken und umzudenken. Das persönlich angemessene Handeln für eine gute körperliche Verfassung bedeutet: Lebensveränderungen, bevor sich das Kind ankündigt.

Gute, ausgewogene Ernährung geht nicht mit Fast Food, für regelmäßige Bewegung braucht es eine andere Wochenplanung. Das Paar steht vor der Aufgabe, Prioritäten im Alltag für das Wunschkind zu setzen und diese konkret zu leben. Denn die Quelle für das neue Leben ist eine gute Gesundheit, auch emotionale Gesundheit, der zukünftigen Mütter und Väter. Darum können und müssen sich Frauen und Männer auch selbst kümmern. Der sanfte Weg braucht seine Zeit, um Selbstfürsorge und Eigenverantwortung für die eigene Lebensführung, Essen, Trinken, Schlafen zu gewinnen. Dazu brauchen Frauen und Männer in verschiedener Weise Unterstützung, Verständnis, Wissen und Ermächtigung. So besteht die Chance, dass Ärger, Enttäuschung und Verzweiflung nicht verdrängt werden müssen, sondern ein gutes Handeln im Mitgefühl mit sich selbst möglich wird. So schließen sich Kreise und wandelt sich Ohnmacht immer mehr zur Selbstverantwortung: Körper, Geist und Gemüt selbst nähren und stärken zu können.

Wenn der Kinderwunsch eines Paares unerfüllt ist, braucht das Paar nicht nur Information und Beratung über die vielfältigen Möglichkeiten von alternativ-medizinischer und klassisch-medizinischer Behandlung. Es braucht auch emotionale Begleitung, bevor es am Rande seiner Belastbarkeit ankommt.6 Das Beratungsnetzwerk „Kinderwunsch Deutschland“ ist ein professioneller Zusammenschluss von qualifizierten BeraterInnen, die Erfahrung in der psychosozialen Beratung bei Kinderwunsch und ungewollter Kinderlosigkeit haben.

Viele Frauen, die sich jetzt ein Kind wünschen, haben schon sehr früh mit der regelmäßigen Einnahme der Pille begonnen: zur Verhütung, wegen Menstruationskrämpfen, weil die Blutung nicht in Gang kommen wollte oder wegen schlechter Haut. Die wichtigste Ursache für die Infertilität bei den Frauen ist eine Eireifungsstörung. Dabei ist das PCO-Syndrom die häufigste Ursache für eine Unfruchtbarkeit aufgrund von Zyklusstörungen.2 Diese Frauen haben sich selbst kaum mit natürlich gelebten Monatszyklen kennen gelernt. Sie sind bisher im „Verhütungsbewusstsein“ durch das Leben gegangen. Die Selbstverständlichkeit einer Pillen-Verordnung wird in keiner Weise in der breiten Öffentlichkeit in Frage gestellt. Aus der Sicht der feinen Balancearbeit für ein natürliches Gleichgewicht der Hormone ist das kaum zu glauben: Es gibt keine Bestimmung der hormonellen Situation der jungen Frauen und Mädchen vor der verordneten Einnahme der Pille.

Ausbildung, Studium, Beruf oder die eigene Kreativität leben und unter Beweis stellen wollen geht nur, wenn die Verhütung so sicher wie möglich ist. Das ist verpflichtender Konsens geworden für die meisten jungen Frauen. Viele sind ja beruflich erfolgreich. Dann, mit dem „richtigen“ Mann, kommt der Kinderwunsch eben ein bisschen später. Und jetzt will „es“ nicht so einfach klappen. Immer an die Pille denken müssen, um nicht schwanger zu werden, suggeriert, dass eine sofort schwanger werden könnte, wenn sie sie nicht nimmt. Aber die Pille weglassen und dann nicht schwanger werden? Das erschüttert Frauen wie Männer. Das Umdenken zum „Schwangerwerden-Bewusstsein“ ist ein Weg. Das ist eine Herausforderung für Geist und Gemüt und alle liebgewonnen Gewohnheiten. Das geht nicht ohne Auf und Ab in den Gefühlen. Und es braucht ein heutzutage selten gewordenes Vermögen: sich in Geduld üben zu können.

Zu einem frühen Zeitpunkt in der Familienplanung ist es möglich, mit einer Speicheltestung eine Bestandsaufnahme zur Hormonbalance zu machen, selbst wenn die Pille noch genommen wird. Das kann den Frauen und Paaren viel Stress und Frust ersparen. Eine Kinderwunschbehandlung in der Reproduktionsmedizin, die vor allem für die Frauen körperlich und emotional sehr anstrengend sein kann, darf nicht aus einem Erschöpfungs- und Verzweiflungszustand heraus aufgenommen werden. Das sagt einer/einem der gesunde Menschenverstand und das sagen viele Frauen nach erfolglosen IVF/ICSI-Versuchen: Im Nachhinein war ihnen klar, dass sie zu diesem Zeitpunkt keine Chance hatten, schwanger zu werden oder schwanger zu bleiben. Diese Frauen machen mit ihren Aussagen etwas deutlich: Mangels Informationen über sanfte oder alternative Behandlungsansätze gehen viele von ihnen den Weg zum Kind in der assistierten Reproduktion. Den Weg der Lebensumstellung, der sanften und gezielten Schwangerschaftsvorbereitung haben bisher nur wenige kennen gelernt. Das kostet doppelt: die Belastungen, die viele Frauen erleben, und die Kosten der Reproduktionsbehandlungen.2

Alternative und vor allem ganzheitliche Kinderwunschbehandlung fängt lange vor einem Stimulationszyklus mit künstlichen Hormonen an. Wenn die Kraft für den Alltag der zukünftigen Mutter gerade ausreichend ist, aus was soll das Kind seine Lebenskraft dann schöpfen? Das gilt auch für die zweiten Wunschkinder, die nicht kommen wollen. Es geht darum, die Körperweisheit dieser Frau zu erkunden und verstehen zu lernen.

Möglichkeiten der Speicheltestung (Salviatestung) in der Kinderwunschbehandlung

„Hier steht ja Schwarz auf Weiß, wie es mir geht“, rief eine Patientin voller Erleichterung aus, als sie die Auswertung ihrer Hormone in den Händen hielt. Im Speicheltest wird der Cortisolwert in einer Tagesverlaufskurve dargestellt. Die verminderte Leistung der Nebennieren und damit der Erschöpfungszustand waren deutlich zu sehen und auch der stark erhöhte Spiegel des Progesteronwertes. Die Patientin (33 Jahre) kam nach zwei erfolglosen Behandlungszyklen (hormonellen Stimulationszyklen mit IVF und ICSI) in die Praxis. Sie erzählte in der ersten Sitzung davon, wie niedergeschlagen sie sich fühle, dass sie immer wieder grenzenlos enttäuscht sei, so sehr, dass ihr zeitweise die Freude am Leben verloren gegangen sei. Der Alltag falle ihr so schwer, dass sie einfach keine Kraft für eine dritte, gleich anschließende Behandlung, die ihr aber empfohlen wurde, habe. Das erfülle sie obendrein mit Schuldgefühlen, weil sie nicht „weitermachen“ könne.

Neben der Überprüfung der Geschlechtshormone hatte ich die Patientin gebeten, auch die Leistung der Nebennieren überprüfen zu lassen. Die Cortisol-Grafik zeigte die persönliche Abweichung zur durchschnittlichen Mittelwert-Tageskurve.4 Die gestellte Diagnose der „depressiven Verstimmung“ erklärte sich nun durch das Speicheltestprofil als ein nachvollziehbarer Energiemangel. Das war passend und verständlich in ihrer besonderen Lebenssituation, der langen Phase von Auf und Ab des unerfüllten Kinderwunsches seit insgesamt vier Jahren. Die Patientin war also nicht depressiv, sondern sie hatte eine Erschöpfungsdepression. Für sie war das im persönlichen Erleben ein großer Unterschied. Zu ihrem Alltag passend erarbeiteten wir im Gespräch den Einstieg in eine natürliche Hormonbalance, die sie mit sanfter Unterstützung wieder aus der Erschöpfung heraus kommen lassen sollte.

Häufig kommen Frauen und Paare mit Kinderwunsch erst nach erfolglosen Versuchen in der Reproduktionsmedizin in die Praxis. Sie suchen Rat und sie wünschen sich eine Behandlung, die alternativ, sanft oder homöopathisch sein soll, in der sie vor allem individuell gesehen werden. Die meisten sind erschöpft, ohne dass sie es sich eingestehen wollen oder können. Sie wollen anders weitermachen als bisher. Sie wollen den alternativen Weg nicht unversucht lassen, doch noch schwanger zu werden. Manchmal wollen sie sich auf ihren letzten, von der Krankenkasse mitfinanzierten Versuch vorbereiten.2

Diagnostik zur Fruchtbarkeit mit Speicheltestung

Die Feststellung des genauen Hormonstatus der Steroidhormone mit Hilfe des Speicheltests ist bei beiden Partnern möglich. Frauen und Männer testen bei sich zu Hause. Erfahrungsgemäß hat ein Teil der Männer damit eine geringere Hürde zu überwinden und kommt spätestens dann aufgrund der konkreten Ergebnisse zum gemeinsamen Gespräch in die Praxis. Die Geschlechtshormone der Frau werden als Kurven und/oder Werte vom 10. und vom 20. Zyklustag dargestellt, also in der Phase der Eireifung und in der Phase der Einnistung. Die vielfältigen Störungen der Eireifung oder Einnistung beruhen auf einem gestörten hormonellen Zusammenspiel im Zyklus. Eine Hypothese ist, dass sie unter Umständen jahrelang verdeckt oder begünstigt sind durch eine hormonelle Verhütungsmaßnahme. Die Speicheltestungen stehen mittlerweile von verschiedenen Laboren zur Verfügung. Zu jeder seriösen Speicheltestung gehören ausführliche Fragebögen und eine genaue Erfassung des Tagesablaufes am Testtag.

Die Speicheltestung (Salviatestung)

Nach genauer Anleitung werden über zwei Stunden alle 20 Minuten fünf Speichelproben entnommen. Durch den Querschnitt aus den natürlichen rhythmischen Hormonschwankungen innerhalb dieser zwei Stunden entsteht ein anderer Überblick über die hormonelle Situation als bei einer Blutentnahme von wenigen Minuten. Die Speicheldrüse selbst funktioniert wie ein aufwändiges Labor und lässt eine aussagekräftige Darstellung der für den Organismus frei verfügbaren Hormone zu.

Eine große Bedeutung kommt der Möglichkeit der Bestimmung des „Schleimhauthormons“ Estriol (Ö3 oder E3) zu.5 Ein ausreichender Estriolwert (16a-Hydroxy-17b-Estradiol) wird aber in der klassischen medizinischen Abklärung nicht berücksichtigt. Estriol ist das aktivste Schleimhauthormon.
Estriol (E3) wirkt auf alle Schleimhäute des Körpers: Verdauungsorgane, Gelenke, Blase, Vagina, auf das Flimmerepithel der Eileiter und natürlicherweise auch auf die Schleimhaut des Uterus. Meiner Beobachtung nach trägt die Erhöhung des E3-Wertes für Patientinnen mit Einnistungsstörungen und vorangegangenen frühen Abgängen zur Verbesserung der Ausgangssituation bei.

Bei der Hormonproduktion wird deutlich, welch enorme Möglichkeiten der Körper für Wandlungsvorgänge im Hormonbereich hat. Aus Progesteron wird der Topf der Stresshormone, Stoffwechselhormone und weiterer Geschlechtshormone versorgt, wobei die Estrogene in der Hormonsynthese am Ende der Kette stehen. Das allerletzte Glied der Estrogen-Synthese ist dann das Estriol (Ö3 oder E3), dessen Versorgung oft durch ein „normal“ anstrengendes Berufs- und Alltagsleben gestört ist und dessen Wert bei den meisten Menschen nicht im wünschenswerten Bereich liegt. Vor allem dann, wenn durch die Lebensumstände stressbewältigende Hormone wie Adrenalin und Cortisol dauernd und über die Maßen lange „angefordert“ werden.

Grundbaustein für alle Hormone sind Cholesterine. Möglicherweise ist eine milde Erhöhung der Cholesterinwerte ein Hinweis auf einen körpereigenen Regulationsprozess. Quod esset demonstrandum: Der Organismus erhöht die Cholesterine, um genügend Grundbausteine für die unter Stress schnell verbrauchten Hormone Progesteron und Estriol zur Verfügung zu haben.

Bedeutung der Verhältniswerte

Der Speicheltest zeigt neben dem aktuellen Hormonstatus auch die Verhältniswerte der Hormone zueinander auf, so dass ein längerfristiger Überblick möglich ist. Nicht nur der absolute Wert des einzelnen Hormons muss angemessen sein. Bei Frauen sollte das Verhältnis von Estradiol zu Progesteron in der ersten Zyklushälfte ein anderes sein als nach dem Eisprung. In der ersten Zyklushälfte ist das Verhältnis Estradiol/Progesteron: 1:30, in der zweiten Zyklushälfte 1:50. Männer hingegen haben einen durchschnittlich immer gleichen Verhältniswert von Estradiol zu Progesteron von 1:30. Beim Estradiol zu Testosteron ist das fruchtbarkeitsfördernde Verhältnis bei den Frauen 1:10. Männer haben möglichst ein Verhältnis von 1:30, bei jungen Männern sehen wir je nach Alter und sportlicher Aktivität Werte von 1:40 bis 1:70.

Anwendungsmöglichkeiten des Speicheltests

Der Speicheltest ist ein aussagefähiges Instrument für die Befunderhebung bei Frauen, die nach langer Pilleneinnahme gerne ein Kind bekommen möchten. Bei der Auswertung des Speichels wird ausschließlich das natürliche Estradiol (17b-Estradiol) gemessen, also nicht Derivate des Estradiols, wie z. B. Ethinylestradiol, was häufig die estrogene Kompente in Kombinationspräparaten der Antibabypille ist.7 Ein Status der Steroidhormone durch einen Speicheltest empfiehlt sich ebenso nach einer reproduktionsmedizinischen Hormonbehandlung. Nach assistierter Reproduktion und einer unter Umständen längeren Gabe von Progesteron kann ein stark erhöhtes Progesteron die Schilddrüsenfunktion beeinflussen. Ich konnte Symptome einer Überfunktion bzw. schwankende Symptomatik wie bei einer beginnenden Hashimoto-Erkrankung beobachten.

In der Reproduktionsmedizin zählt Clomifen zu den am häufigsten eingesetzten Medikamenten bei Eireifungsstörungen. Nach einer mehrmonatigen Behandlung mit Clomifen kann mit dem Speicheltest der hormonelle Status des Östrogenspiegels bestimmt werden. Clomifen ist ein Antiöstrogen. Es erhöht allgemein die Produktion des follikelstimulierenden Hormons (FSH) und auch des luteinisierenden Hormons (LH). Es löst eine Eizellreifung in den Eierstöcken aus.8 Antiestrogene mit teilweise erhaltender Estrogen-Wirkung (partielle Antagonisten) wirken sowohl dem weiblichen Hormon entgegengesetzt wie auch leicht Estrogen-ähnlich.

Um ihre Wirkung bei unerfülltem Kinderwunsch zu verstehen, muss man wissen, wie der hormonelle Regelkreis funktioniert: Um einen Eisprung auszulösen, muss das Zwischenhirn das Hormon Gonadoliberin ausschütten. Gonadoliberin bewirkt in der Hirnanhangdrüse die Produktion anderer Hormone, der Gonadotropine. Die Gonadotropine wiederum werden mit dem Blut an die Eierstöcke getragen und lösen dort die Ausschüttung von Östrogenen und die Wanderung eines Eis in die Gebärmutter (Eisprung) aus. Steigt die Östrogenkonzentration im Blut dann über einen bestimmten Wert an, bindet sich das Östrogen an Rezeptoren des Zwischenhirns und der Hirnanhangsdrüse, was die Produktion an Gonadotropin und Gonadoliberin stoppt. Bei dauerhaft erhöhtem Östrogenspiegel kann dann kein Eisprung mehr erfolgen.

Der Speicheltest kann während der gesamten Schwangerschaft eingesetzt werden. Besonders hilfreich ist die Überprüfung des Progesterons bei Patientinnen, die schon Abgänge oder Fehlgeburten erlebt und erlitten haben. Kurz nach der Geburt ist der Speicheltest das Instrument, um eine sich anbahnende Wochenbettdepression zu erkennen und rechtzeitig abwenden zu können oder um eine starke Immunschwächereaktion der Mutter zu erkennen (Überprüfung des DHEA-Wertes). Das stellt eine mögliche Unterstützung für eine gelingende Stillzeit und für die Gesundheit des Neugeborenen dar.

Wiederholte Speicheltestungen fördern bei Frauen, die sich ein Kind wünschen, das Verständnis für den eigenen Rhythmus. Sie lernen sich neu kennen. Nach den Jahren der Pilleneinnahme ist ihnen das Wissen um ihre eigene körperliche und emotionale Befindlichkeit in ihrem Zyklus oft verloren gegangen. Sie kennen ihren Hormonstatus, achten wieder auf eigene Körperzeichen und wissen, wann es Zeit für den ungeschützten Verkehr ist.

Mit diesem Wissen entsteht auch für die Männer ein umfassenderes Verständnis für ihren eigenen Körper. Es zeigt ihnen auf, dass sie die gleichen Hormone wie Frauen haben, aber in einem anderen Verhältnis, dass auch sie „unterversorgt“ sein können oder sogar von hochdosierten Progesterongaben des letzten IVF-Versuches unfreiwillig etwas abbekommen haben. Durch dieses genaue und achtsame Befunden und das individuelle Behandeln entstehen Zeiträume und Gesprächsräume mit dem Paar und zwischen den Partnern. In einer Regenerationspause über ein oder mehrere Zyklen können die Symptome einer Progesteronhochlage oder einer Estrogendominanz abklingen und eine gegebene Schilddrüsenbelastung in Ausgleich gebracht werden.

Die Arbeit mit beiden Partnern und den konkreten Ergebnissen ihrer Speicheltests schützt das Paar vor Überforderung. Es wird nachvollziehbar, wenn z. B. die Zeit für einen neuen Versuch noch nicht gekommen ist, weil eventuell noch keine ausreichende Balance gegeben ist. Konkret bedeutet das, dass die Kraft, ein heranwachsendes Leben zu nähren, noch nicht wieder zurückgekommen ist. Das wirkt mitten in der Kinderwunschkrise für viele Frauen und Männer paradoxerweise entlastend.

Weitere Diagnostik

Zu meinem Behandlungskonzept mit der natürlichen Hormonbalance gehört aber neben dem Speicheltest weitere Diagnostik. Dazu gehört unter anderem eine Untersuchung der Schilddrüsenwerte, des Vitamin D- Wertes (Prohormon mit Einfluss auf alle Stoffwechselvorgänge), eine Beobachtung und Dokumentation des Zyklusgeschehens der Frau (Blutung, Schleim, sexuelle Lust, Temperatur), Ultraschall-Screening der Eierstock-Gesundheit, regelrechter Aufbau der Gebärmutterschleimhaut sowie eine Eileitergängigkeits-Prüfung.

Für die Diagnostik der männlichen Fruchtbarkeit wird ein aktuelles Spermiogramm nach einem Tag sexueller Karenz gemacht. Dabei ist es wichtig, die Spermiogramme möglichst immer in einem unabhängigen Labor und im gleichen Labor machen zu lassen. Die Fruchtbarkeit des Mannes abzuklären ist diagnostisch unerlässlich und lässt sich, medizinisch-technisch gesehen, mit dem geringsten Aufwand machen. Männer überwinden ihre Scheu vor dem „Männerarzt“ leichter, wenn in der Beratung klar wird, was sie damit unter Umständen ihren Frauen ersparen können.

Ausblick

Angesichts des Wissens um die Zusammenhänge von natürlicher Fruchtbarkeit und dem Respekt vor dem Geheimnis des Lebens ist das Zurückgewinnen einer natürlichen Hormonbalance eine große Chance für die „gute Gesundheit“ der Frauen und Männer, die sich ein Kind wünschen. Möge sie verbunden bleiben mit der Ethik einer ganzheitlichen Frauenmedizin, der Motivation, hilfreich für Körper, Geist und Gemüt zu sein und den Prinzipien eines offenen und vernetzten Denkens und Arbeitens. Für diesen Ansatz braucht es Zeit in jeder einzelnen Behandlung, um für dieses Paar den persönlichen Weg in der Lebensphase Kinderwunsch zu finden und zu gehen.

Ich widme meine tägliche Praxis und Arbeit allen Frauen und Männern, die sich ein Kind wünschen. Ich danke all jenen, die schon bei mir waren und die durch ihre Lebens- und Fruchtbarkeitsgeschichten das Wissen um eine natürliche Fruchtbarkeit für diese Generation und für die kommenden Generationen bereichert haben.

Dieser Artikel erschien in der Fachzeitschrift LACHESIS Nr. 43 „Kinder – Wunsch und Wirklichkeiten“. Die Zeitschrift kann beim Berufsverband für Heilpraktikerinnen LACHESIS bestellt werden:

Quellen:

1 Kleinschmidt, Thorn, Wischmann, Tewes: Kinderwunsch und professionelle Beratung. Kohlhammer Stuttgart 2008
2 Wischmann, Tewes: Einführung in die Reproduktionsmedizin. Ernst Reinhardt Verlag, München 2012
3 Wischmann, Tewes: „Psychosoziale Aspekte bei Fertilitätsstörungen“. Der Gynäkologe (2) 2003
4 Entnommen aus: Allgemeiner Testkommentar zum Speichelhormontest, Centrum für Speichelanalyse (censa), Erlangen „Schwache Cortisolwerte können mit Burnout oder chronischen Erkrankungen in Verbindung stehen.“
5 Richtlinien und Leitlinien für psychosoziale Beratung beim Beratungsnetzwerk für Kinderwunsch Deutschland (BKiD), www.bkid.de
6 BKiD – Beratungsnetzwerk für Kinderwunsch Deutschland, www.BKiD.de
7 Quelle: Wikipedia
8 Die Kinderwunsch-Seite von www.wunschkinder.net

Weitere lesenswerte Literatur zum Thema:

Buchner, Elisabeth: Wenn Körper und Gefühle Achterbahn spielen. Hormone natürlich ins Gleichgewicht bringen. FVB, Kleinsendelbach 2009

Gröber, Uwe, Holick, Michael F.: Vitamin D – Heilkraft des Sonnenvitamins. Hirzelverlag, Stuttgart 2012

Ziemann, Wolfgang: Informationen zum Speichel-Hormontest für medizinische Fachleute. Vining, Kiel 1983

„Clomifen“ aus: Die Kinderwunsch-Seite von www.wunschkinder.net

Therapeutisches Potential von DHEA ((Dehydroepiandrosteron) DGE-Blog 12 Die Kinderwunsch-Seite von www.wunschkinder.net

Michaela Röder-Bassenge
Heilpraktikerin Gestalttherapeutin Geburtsvorbereiterin GfG Beraterin der Deutschen Gesellschaft für Kinderwunschberatung bei Heilpraxis Röder-Bassenge | Website der Autorin

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